Mit ihrem 2010er Debütalbum „The Fool“ landete die US-amerikanische Indie-All-Girl-Band WARPAINT nicht nur bei Fans und Kritikern in den Staaten einen Überraschungserfolg. Fortan galten die vier Mädels als Geheimtipp. Dass der nach zwei weiteren Alben 2014 und in diesem Jahr nicht mehr wirklich geheim ist, konnte man daran ablesen, dass das Konzert im Berliner Astra Kulturhaus letzte Woche schon gut vier Wochen vorher restlos ausverkauft war. Und die Damen wurden ihrem guten Ruf an besagtem Abend dann auch mehr als gerecht.
Berühmt wurden Emily Kokal (voc, g), Theresa Wayman (voc, g), Jenny Lee Lindberg (voc, b) und Stella Mozgawa (dr, key) für ihren tief im 80er Wave wurzelnden Sound. WARPAINT schafften es allerdings von Anfang an, nicht nur eine Reminiszenz an vergangene Zeiten zu liefern, dabei aber trotzdem zeitgemäß zu klingen. Spätestens mit dem kürzlich erschienenen dritten Studioalbum sollten das inzwischen alle erkannt haben. Nun wird der neuen Scheibe von vielen nachgesagt, es wäre „positiver“, ja gar „fröhlicher“ als die beiden Vorgänger. Mag auf den ersten Blick so scheinen und tatsächlich deutet ja auch der Albumtitel „Heads Up“ in diese Richtung, dennoch fügen sich auch die neuen Songs ohne Probleme ins bisherige melancholische Œuvre , wie man beim Konzert in Berlin eindrucksvoll erleben konnte.
Eigentlich könnte man ja meinen, bei der ersten internationalen Tour nach einem Album würde das Hauptaugenmerk automatisch auf dem neuen Material liegen. WARPAINT begannen den Abend stattdessen erst einmal mit „Bees“ vom 2010er Debüt und legten, nach dem Titeltrack des neuen Albums, an dritter Stelle mit „Undertow“ gleich noch einen Klassiker nach. Insgesamt machten die neuen Songs nur etwa ein Drittel des gesamten Programms aus. Dennoch (oder gerade deswegen?) wirkten auch Stücke wie das poppige „New Song“ in der Dramaturgie des Abends nicht fehl am Platz.
Ein weiteres Drittel der Setlist bestand aus Nummern vom selbstbetitelten 2014er Longplayer „Warpaint“. Der Rest setzte sich aus den beiden bereits erwähnten Debüt-Klassikern zu Beginn und sogar drei Liedern der allerersten EP „Exquisite Corps“ zusammen. „Bettles“, „Elephants“ und das als letzte Zugabe gespielte „Krimson“ zählten dann tatsächlich auch zu den von den Fans am meisten gefeierten Höhepunkten des Abends.
Alles rund, könnte man also sagen. Was die Songauswahl angeht, wäre hier das höchste Kompliment tatsächlich schon vergeben. Drei Dinge bewegen mich allerdings dazu, das Berliner Gastspiel von WARPAINT sogar noch ein wenig höher zu heben. Das erste ist ganz simpel die Spielzeit: Gute 90 Minuten ist man heute leider vor allem von US-Bands nicht mehr wirklich gewohnt. Die beiden entscheidenten Faktoren allerdings, die das Konzert wirklich besonders machten, waren andere. An erster Stelle zu nennen wäre mit Sicherheit, dass Theresa und Emily an diesem Tag ausnehmend gut bei Stimme waren. Vor allem Emilys Gesang bescherte mir ein ums andere Mal Gänsehaut. Zweitens, und das tue ich eher selten, möchte ich ein großes, ein wirklich großes Kompliment an den Mann am Mixer ausprechen: Selten habe ich Musik wie diese live derart präzise und passend abgemischt erlebt wie an diesem Abend. Dabei zählt das Astra zwar nicht zu den schlechtesten aber eben auch nicht zu den besten Konzerthallen Berlins, was die Akustik angeht. Respekt.
Alles in allem ein wirklich wunderbarer Auftritt, der nur den Wunsch hinterlässt, dass die Damen möglichst bald wiederkommen. Ach ja, und falls sich jetzt jemand fragt, ob es einen Support-Act gab, den gab es tatsächlich, aber über den breiten wir lieber den Mantel des Schweigens.
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Setlist:
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Bees
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Heads Up
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Undertow
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Hi
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The Stall
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CC
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Whiteout
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Beetles
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Elephants
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Love is to Die
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New Song
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Disco
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Intro/Keep it Healthy
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So Good
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Krimson