HELENE BLUM – (07.03.2017) – Berlin, Passionskirche

Helene_Blum_6_LMit ihrem aktuellen Album Dråber af tid“ („Droplets of Time“) hat die dänische Musikerin HELENE BLUM in ihrem Heimatland einen Riesenerfolg gelandet. Um das neue Material auch dem hiesigen Publikum näher zu bringen, war die Künstlerin in den letzten Wochen auf großer Deutschland-Release-Tour. Wir waren beim Konzert in Berlin dabei.

Helene_Blum_21_LDie Kreuzberger Passionskirche ist mit Sicherheit eine der schönsten Konzertlocations der Hauptstadt. Auch Helene zeigte sich sich schon beim Soundcheck von der Atmosphäre und der besonderen Akustik des neuromanischen Sakralbaus beeindruckt. Leider war das Kirchenschiff an diesem Abend nur zu etwa drei Vierteln besetzt, was allerdings für Berlin an einem Dienstag-Abend dann auch wieder recht beachtlich ist. Der guten Stimmung, sowohl der Künstler als auch des Publikums, tat das nicht ganz volle „Haus“ jedenfalls keinen Abbruch.

Helene_Blum_22_LNach einer kurzen Einleitung durch die Tourmanagerin ging es direkt und ohne Supportact los mit „En lille dråbe blod“. Der von Helene vertonte Text des dänischen Dichters Sophus Claussen ist auch das erste Stück der aktuellen CD. Wie schon erwähnt, war das Album in Dänemark ein großer Erfolg und das daraus ausgekoppelte und im Anschluss gespielte „Friheden station“ hat es dort sogar bis auf Platz 1 der Radiocharts geschafft. Kein Wunder, dass Helenes Mann HARALD HAUGAARD den Song halb scherzhaft aber auch nicht ohne Stolz als „unseren kleinen Hit“ ankündigte.

Der Abend stand zwar im dem Zeichen von Helenes neuer CD, aber wie es bei den beiden so üblich ist, gibt es sie selten getrennt voneinander. So hatte Harald nicht nur beim Songwriting und den Aufnahmen mitgewirkt, sondern stand eben selbstverständlich auch live mit auf der Bühne. Da sich das Traumpaar der dänischen Folk-Musik nichts neidet, kommt das Publikum dadurch sozusagen immer zu einem doppelten Genuss, und so gab es, nach einem weiteren vertonten Claussen-Gedicht, auch in der Passionskirche ein paar Stücke aus Haralds Feder zu hören. Die Vorliebe für Schriftsteller und Lyriker teilen die beiden Helene_Blum_7_Laugenscheinlich, denn den Anfang dabei machte ein mit Musik versehener dänischer Text von Rainer Maria Rilke. Neben ihren Eigenkompositionen spielen die beiden natürlich auch traditionellen Folk, und da vor allem Tanzstücke. Ihre energiegeladenen Violinen-Duette zählen regelmäßig zu den Highlights der Konzerte. Dass Harald die Zuschauer dabei immer wieder erfolglos zu animieren versucht, ihrem Bewegungsdrang nachzugeben, ist inzwischen eine Art Running Gag bei den Deutschland-Auftritten der beiden. Auch das Berliner Publikum kam der Aufforderung wieder einmal nicht nach. Aber in einer Kirche traut man sich das ja sowieso eher nicht. Spaß hatten die Anwesenden dennoch, das war am Applaus, dem gelegentlichen Mitklatschen und den zufriedenen Gesichtern in der Pause deutlich ablesbar.

Helene_Blum_4_LDer zweite Teil des Konzerts entsprach dem ersten, was die bunte musikalische Mischung anging, allerdings gab es damit leider auch nur noch drei Stücke vom neuen Album: „Vores Historie“, das leicht zynische Frühlingslied „Lad våren komme“ und – gottseidank – auch mein erklärtes Lieblingsstück auf der CD, „Din fod skal gå“. Aber auch mit dem Rest kam man voll auf seine Kosten. Sich dem Zauber von Helenes wunderschöner Stimme zu entziehen, war sowieso schlechterdings unmöglich. Ihr warmer, manchmal zerbrechlich wirkender und doch so kraftvoller Gesang konnte sich in der besonderen Akustik der Passionskirche wunderbar entfalten und sorgte für zahlreiche Gänsehaut-Augenblicke. Das Publikum dankte es auch in den leisen Momenten mit größter Aufmerksamkeit und so hätte man an mancher Stelle die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können. Selten war mir das Geräusch meines Kameraverschlusses so bewusst wie an diesem Abend.

Helene_Blum_17_LZur wunderbaren Stimme kommt bei Helene auch eine natürliche und völlig ungekünstelte Bühnenpräsenz, die, ebenso wie der lausbubenhafte Charme ihrer besseren Hälfte, wohl jeden innerhalb kürzester Zeit um den Finger wickelt. Ein echtes Dream-Team und noch dazu, das darf auf keinen Fall vergessen werden, bestens unterstützt von drei weiteren Ausnahmemusikern. Mikkel Grue an der Gitarre, Sune Rahbek am Schlagzeug und der Finne Tapani Varis, der neben dem Kontrabass auch noch an Maultrommel und Flöte glänzte, bilden zusammen mit Helene und Harald ein Ensemble, das nicht nur musikalisch hochklassig sondern vor allem live unheimlich tight ist.

Kein Wunder, dass der Beifall nach „Alt hvad vi drømte“, das das Ende des regulären Sets markierte, kein Ende nehmen wollte und das Berliner Publikum eine Zugabe verlangte. Natürlich ließen sich die Dänen nicht lumpen und legten mit der „Plink Plonk Polka“, dem „Nordischen Rheinländer“ und „Klinten“ noch einmal ordentlich nach. Getanzt hat leider wieder keiner. Macht aber nichts, großartig war der Abend trotzdem.

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Wir hatten übrigens das große Vergnügen, vor der Tour ein Interview mit HELENE BLUM zu führen. Nachzulesen an dieser Stelle.

 

Für alle, die das Konzert beziehungsweise die Tour leider verpasst haben und sich deshalb (zu Recht) ärgern, hier zwei Tipps:

Das Konzert am 12.03. in der Bonner Harmonie wurde vom Deutschlandfunk aufgezeichnet und wird am Freitag, den 24.03. ab 21:05 im Rahmen der Reihe „On Stage” auf diesem Sender ausgestrahlt.

Und abgesehen davon, dass die Droplets-Tour noch nicht ganz beendet ist (ausstehend: 01./02.04. Minden, 21.04. Kassel), haben Helene und Harald für den Sommer schon ein paar weitere Deutschland-Termine angekündigt: 26.07. Halle, 27.07. Solingen, 12.08. Mettenheim und am 18.08. erneut in Berlin.

 

Setlist Berlin:

1. En lille dråbe blod
2. Friheden station
3. I Marts
4. Vær Tålmodig / Skye / Havnen
5. Universet
6. Trad. set
7. Et øjebliks stilhed

8. Okseø / Bourre
9. Lad våren komme
10. Vores Historie
11. Din fod skal gå
12. Instrumental set
13. Alt hvad vi drømte

14. Plink Plonk Polka / Norsk Reinlænder
15. Klinten

 

Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
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