Die All-Girl-Band DAKH DAUGHTERS aus der Ukraine sorgte hierzulande bereits im letzten Jahr beim Rudolstadt-Festival für Aufsehen. Vor zwei Wochen begeisterten sie beim Festival „Utopische Realitäten“ das Publikum im Berliner Theater Hebbel am Ufer.
Auch wenn die Projektion in der Bühnenmitte unübersehbar groß die „DAKH DAUGHTERS Band“ ankündigte, so war das, was dann 90 Minuten lang wie ein Sturm über die Bühne fegte, wohl für einige Zuschauer durchaus überraschend. Denn natürlich machten die sieben Kiewer Damen auch Musik, die ist jedoch im Konzept der Gruppe nur ein Komponente unter mehreren. Da alle Mitglieder auch ausgebildete Schauspielerinnen sind, hat die Show der DAKH DAUGHTERS auch immer ein stark performatives Element, dazu kommen anspruchs- und stimmungsvolle Videoprojektionen. Über selbige dürfte so mancher Zuschauer in Berlin insgeheim froh gewesen sein, denn sie enthielten auch ein durchgehend mitlaufendes Textband, das die, natürlich ukrainisch gesungenen, Lieder auf Englisch wiedergab.
Der Name der Band heißt übersetzt so viel wie „Töchter des Dachs“. Das „Dach“ ist ein bedeutendes nicht-kommerzielles Zentrum für zeitgenössische Kunst in Kiew. Die Damen selbst nennen das, was sie machen „Ukrainian Freak Cabaret“. Nun ist das englische Cabaret nicht mit dem deutschen Kabarett gleichzusetzen, doch auch das findet sich in den Songs wieder, denn die Gruppe schreckt auch vor politischen Stellungnahmen nicht zurück. Dabei sind ihre Aussagen, wenn auch durchaus provokant, nie plump-direkt sondern immer künstlerisch verpackt und oft mit einem Augenzwinkern versehen. So sangen die DAKH DAUGHTERS auch an diesem Abend – mal tragisch, mal komisch und oft auch beides zugleich – über postsowjetisches Leben in der Ukraine und die Beziehung zum „großen Nachbarn“, den Krieg oder auch „einfach“ nur über das Leben oder das Wesen des Menschen an sich.
Obwohl ich bis jetzt die anderen Aspekte in den Vordergrund gerückt habe, ist die Musik bei der Performance der DAKH DAUGHTERS natürlich immens wichtig. Und genau wie bei den Textinhalten sind die Kiewer Ladies weit davon entfernt, da eindimensional zu sein. Zum einen scheint es völlig egal, wer von ihnen gerade Cello/Akkordeon/Keyboard/Gitarre/Flöte/Percussion oder was auch immer spielt, da wird zwischen den Songs ganz einfach munter durchgetauscht. Zum anderen macht die heimische Folkmusik zwar einen großen Anteil aus und bildet sozusagen das Herzstück, aber es finden sich auch jede Menge Jazz-, Chanson-, Singer/Songwriter- und Pop-Anteile. Zusammen mit den ganz unterschiedlichen aber jede für sich wirklich guten Stimmen der einzelnen Aktricen ergibt das eine hochenergetische Mischung, die nicht nur zum Zuhören, sondern auch zum Mitwippen und das ein oder andere Mal sogar zum Tanzen animiert. Letzteres war natürlich im eher konservativen aber doch stimmungsvollen Ambiente des Hebbel-Theaters eher nicht machbar aber dem ein oder anderen Zuschauer war die Lust dazu durchaus anzumerken.
Zum Ende riss die kongenial-schräge Mischung aus Musik, Text, Performance, Kostümen und Video-Visuals das Berliner Theaterpublikum dann aber doch von den Sitzen. Die Standing Ovations vor und nach der wohlverdienten Zugabe waren mit Sicherheit nicht nur Anerkennung für das Gesehene sondern auch Ausdruck der Hoffnung, dass man die DAKH DAUGHTERS möglichst bald wieder auf deutschen Bühnen sehen wird.