CESAIR – „Haven“ (Album-Review)

Es ist wie ein kleines Wunder! Sieben lange Jahre ist es her, dass die niederländische Band CESAIR ihr letztes Album „Omphalos“ veröffentlicht hatte. Nun ist mit „Haven“ endlich ein Nachfolger erschienen. Wir finden: das Warten hat sich gelohnt!

Aufgrund der langen Produktionszeit ist auf dem Album auch noch einmal die bereits 2021 erschienene Single „Aux Pieds Nus“ enthalten (das wunderschöne Video dazu findet Ihr in unserer Youtube-Playlist )   

Gegründet wurde die Formation im Jahr 2008, den Namen entlieh man sich bei einer mythologischen Frauengestalt, die nach dem Lebor Gabála Érenn („Buch der Landnahmen Irlands“), einer vermutlich im 9. Jahrhundert entstandenen Textsammlung, die Anführerin der ersten Einwanderungswelle nach Irland war. In der mythischen Seereise CESAIRs von Sumerien über Ägypten und das Mittelmeer bis nach Irland sehen die Künstler*innen Parallelen zu ihren eigenen musikalischen Erkundungen der Welt zwischen Orient und Okzident. Obwohl sie von vielen im Genre des Pagan-Folk angesiedelt werden, hat die Band wiederholt geäußert, dass sie mit dieser Einordnung nicht so ganz glücklich wären, da in ihren Augen der Begriff „Pagan“, also „heidnisch“ zu viele Einflüsse ausschließe, die in ihrer Musik vorhanden seien, weshalb sie selbst eher die Begriffe „Mythic Folk“ oder „Epic Folk“ verwendeten.

Episch ist in diesem Fall auch treffend, denn die mystischen Klangteppiche, die die Band in manchen ihrer Songs webt, haben durchaus Soundtrack-Qualitäten, da macht auch der neue Longplayer keine Ausnahme, hört man Songs wie den sich immer weiter steigernden Opener „Luscinia“, das dramatische „Storm“ oder das schon eingangs erwähnte, betörende „Aus Pieds Nus“

Daneben finden sich aber auch folkigere Uptempo-Tanznummern wie das fröhliche „Ani Ana“ und mit „Pererin“ zeigen CESAIR, dass Sie zwischen Cinemascope-Epik und Tanzbarkeit auch leisere Töne anschlagen können.

Ein besonderes Highlight auf dem Album ist aber mit Sicherheit „Tu Nubusi“. Für den Song, dessen Text einem 1938 erschienenen Gedicht der litauischen Lyrikerin Salomėja Nėris entlehnt wurde, hat man sich nicht mal nur eben die komplette Besetzung von IRFAN als Gäste aufs Album geholt, sondern die Musik für die Gedicht-Adaption auch gemeinsam mit den bulgarischen Kollegen geschrieben.

Insgesamt ist „Haven“ etwas melancholischer ausgefallen als seine Vorgänger, was seine perfekte Zusammenfassung im letzten Song des Albums „Away From A Troubling World“ findet, der wohl auch ein wenig die Erfahrungen der Musiker*innen in den letzten Jahren widerspiegelt. So schreibt die Band im Booklet: „Wir haben 2016 mit der Arbeit an ‚Haven‘ begonnen, und einige unserer Ideen, die schließlich auf diesem Album Gestalt annahmen, reichen sogar noch weiter zurück. In den letzten Jahren haben wir damit gekämpft, in einer Welt in Aufruhr zu existieren und zu überleben. […] „Haven“ ist ein Ort zwischen den Welten. Erde und Meer, Leben und Tod, Menschen und Feen existieren hier im Einklang. Dies ist ein Grenzraum, in dem Magie im Überfluss vorhanden und alles möglich ist. Wir hoffen, jedem, der jemals mit Verlust, Missbrauch, unerwiderter Liebe konfrontiert war, jedem, der mit seinen inneren Dämonen kämpfte, ein Haus der Heilung zu bieten – und einen sicheren Ort, an dem man das Leben, die Natur und alle Freuden der Erde feiern kann.

Fazit: Ein Hafen, den anzulaufen sich lohnt! CESAIR sind vielleicht ein wenig schwermütiger geworden, aber ihr Gespür für großes Kino und wunderschöne Melodien hat die Band in den letzten sieben Jahren definitiv nicht verloren. Unbedingt reinhören!

 

Aktuelle Besetzung:

Monique van Deursen (Gesang, Bodhrán, Rahmentrommel, Zimbeln, Drehleier)

Sophie Zaaijer  (Gesang , Violine, Viola, Cello, Maultrommel)

Thomas Biesmeijer (Gesang, Irish Bouzouki, Gitarren, Rahmentrommel)

Luka Aubri (Gesang, Slidgeridoo)

Daan van Loon (Gesang, Klavier, Akkordeon)

 

https://cesair.nl

 

VÖ: 13.09.2024

Label: Foxy

EAN: 4260223117268

 

Tracklist:

1. Luscinia

2. Mélusine

3. Nehalennia

4. Pererin

5. De Zee

6. Tu Nubusi (feat. Irfan)

7. Huldana

8. Storm

9. Aux Pieds Nus

10. Ani Ana

11. Away From A Troubling World

 

Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
Dieser Beitrag wurde unter Gehört, Musik abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.